Kein Anspruch auf Ablösung einer Sicherungshypothek durch eine Bürgschaft

Das Oberlandesgericht Köln hat durch Beschluss vom 13.03.2023, Az. 2 Wx 257/22, über die Frage entschieden, dass der Anspruch auf Einräumung einer Bauhandsicherungshypothek nach § 650e BGB nicht durch die unverlangte Stellung einer Bürgschaft ausgeschlossen werden kann. 

In dem konkreten Fall wollte der Auftraggeber die Löschung eingetragener Vormerkungen zur Sicherung des Anspruchs des Auftragnehmers auf Eintragung von  Bauhandwerkersicherungshypotheken erwirken. Deshalb übergab er dem Auftragnehmer entsprechende Bürgschaften in gleicher Höhe. Mit dem entsprechenden  Nachweis der Stellung der Sicherheiten wollte der Auftraggeber sodann die Löschung der Vormerkungen durch das Grundbuchamt erwirken. Das Grundbuchamt lehnte die Löschung jedoch mit der Begründung ab, dass die Eintragung schon erfolgt sei und weil über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht durch das Grundbuchamt entschieden werden könne. Insbesondere fehle ein Unrichtigkeitsnachweis in der Form des § 29 GBO (Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen).

Da der Unrichtigkeitsnachweis in dem entschiedenen Fall nicht geführt war, war ebenso nicht ausreichend belegt, dass der durch die Vormerkungen gesicherte Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek nach § 650 f Abs. 4 BGB ausgeschlossen war, weil der Auftragnehmer schon einer Sicherheit gemäß § 650 f Abs. 1 oder 2 BGB erlangt hatte. 

Zum Sicherungsanspruch des Unternehmers nach § 650f Abs. 1 BGB führt das OLG Köln aus, dass es sich um einen sogenannten verhaltenen Anspruch handelt, für den kennzeichnend ist, dass der (Sicherungs-)Schuldner die Leistung nicht bewirken darf, bevor der (Sicherungs-)Gläubiger sie verlangt. Die Möglichkeit zur eigenmächtigen Stellung von Sicherheiten schloss das OGL aus. Ein solches Aufdrängen stehe der Typik des verhaltenen Anspruchs entgegen. Dementsprechend darf die alternative Sicherheit nicht gegen oder ohne den Willen des Gläubigers gestellt werden.

Einschätzung von Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M., Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Die Stellung des Antrags an das Grundbuchamt war in dem entschiedenen Fall nicht der richtige Weg. Richtigerweise war die einstweilige Verfügung anzugreifen oder aber eine einstweilige Verfügung zur Eintragung des Widerspruchs erwirkt werden. Wird der Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Bauhandwerker seitens des Bauherrn befürchtet, so kommt auch die Hinterlegung einer Schutzschrift bei dem Gericht in Betracht, das der Bauhandwerker voraussichtlich angehen wird. Besonders relevant kann in diesem Zusammenhang die Aufhebung der einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung gemäß § 939 ZPO werden. 

Ohne VOB/B als Ganzes keine fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B

In einem aktuellen Urteil vom 02.06.2022 (Az.: 8 U 205/21) hat das Oberlandesgericht Braunschweig entschieden, dass die Regelungen des § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B zur fiktiven Abnahme der Leistung einer AGB-Kontrolle nicht standhalten und unwirksam sind, wenn die VOB/B nicht „als Ganzes“ vereinbart wurde und der Auftragnehmer Verwender der VOB/B ist.

Gemäß § 12 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 VOB/B gilt die Abnahme nach Ablauf von sechs Werktagen nach der Benutzung als erfolgt, wenn keine Abnahme verlangt wird, der Auftraggeber die Leistung in Benutzung genommen hat und nichts anders vereinbart ist. Doch diese Regelung greift nicht, wenn die VOB/B nicht „als Ganzes“ vereinbart wurde und somit einer Inhaltskontrolle unterliegt.

Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob und wann die Abnahme eines Milchviehstalls erfolgt ist. Der Auftragnehmer – der die VOB/B gestellt hatte – meinte, die Leistung sei aufgrund ihrer Nutzung durch den Auftraggeber nach § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B (fiktiv) abgenommen worden. Das Gericht entschied jedoch anders und stellte fest, dass die Regelungen der VOB/B nicht wirksam einbezogen wurden und somit eine fiktive Abnahme nicht in Betracht kommt.

Einschätzung von Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M., Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Für den Auftragnehmer ist es wichtig, die VOB/B „als Ganzes“ zu vereinbaren, um von deren Regelungen zur fiktiven Abnahme profitieren zu können. Andernfalls unterliegt die Regelung des § 12 Abs. 5 VOB / B einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB und ist unwirksam.

Rückzahlungsanspruch verjährt auch ohne Abnahme und Schlussrechnungsstellung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 11.03.2016, Az. 22 U 176/14, entscheiden, dass der Auftragnehmer etwaige Überschüsse an den Auftraggeber zurückzuzahlen hat, wenn sich nach Fertigstellung der Leistung und Ablauf der in § 14 Abs. 3 VOB/B genannten Fristen eine Überzahlung ergibt. Dieser Rückzahlungsanspruch verjährt innerhalb von drei Jahren nach Schlussrechnungsfreife. 

Doch ab wann beginnt die Verjährungsfrist zu laufen? Zu der hier entscheidenden Frage, wann der Anspruch entsteht, zitiert das OLG Düsseldorf weitere Rechtsprechung wie folgt: 

Entstanden im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist ein Anspruch, sobald er geltend gemacht und durch Klage durchgesetzt werden kann. Nicht erforderlich ist, dass er bereits beziffert werden und Gegenstand einer Leistungsklage sein kann. Um die Verjährung in Lauf zu setzen, genügt vielmehr die Möglichkeit, eine die Verjährung hemmende Feststellungsklage zu erheben 

(vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1980, VII ZR 41/80, BGHZ 79, 176 – 180, Rn. 10; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 199 Rn. 3).

Der Anspruch entsteht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wenn er nach § 271 BGB fällig ist, d.h. dann, wenn der Gläubiger die Leistung verlangen kann. 

Ausreichend für das Entstehen der Ansprüche ist nach der nun erfolgten Klarstellung durch das OLG Düsseldorf, dass die Abrechnungsmöglichkeit, also die sogenannte „Schlussrechnungsreife“ durch Fertigstellung der Arbeiten und Ablauf der in § 14 Nr. 3 VOB/B genannten Fristen vorliegt.

Ein Rückforderungsanspruch wegen zu viel geleisteter Abschlagszahlungen kann demnach bereits entstehen, ohne dass eine Schlussrechnung vorliegt. Der Auftraggeber kann dann selbst den Überschuss ermitteln und einfordern. Eine Abnahme der Bauleistungen ist lediglich ein Indiz für die Fertigstellung, aber keine Voraussetzung für das Entstehen des Rückzahlungsanspruchs.

Besteht zudem ein negativer Schlussrechnungssaldo, so ist der Anspruch in entsprechender Höhe entstanden. 

Einschätzung von Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M., Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Der Anspruch des Auftraggebers auf Rückzahlung verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen. Eine Bezifferung des Anspruchs ist nicht erforderlich, es reicht aus, wenn der Gläubiger eine Feststellungsklage erheben kann. 

Werkvertragliche Erfüllungsansprüche verjähren grds. nach 3 Jahren

Hat keine rechtsgeschäftliche Abnahme stattgefunden, so verjähren Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Bauleistungen nach einem Urteil des Landgerichts Erfurt (Urteil vom 01.06.2023, Az. 9 O 26/17) nach drei Jahren ab Übernahme des Hauses durch den Auftraggeber.

Vorliegend der Auftraggeber ein Einfamilienhaus beauftragt, das der Auftragnehmer mangelhaft errichtete. Der Auftraggeber übernahm das Haus, das auf Basis eine Bauwerkvertrages aus April 2008 errichtet wurde, im Juni 2009. Eine Abnahme erklärte der Auftraggeber nicht, sondern lediglich eine Übergabevereinbarung mit dem Titel „Protokoll Hausübergabe“. In diesem Protokoll wurden offene Restleistungen und einzelne Mängel festgehalten, die binnen 14 Tagen behoben werden sollten.

Ende Mai 2014 leitete der Auftraggeber ein selbständiges Beweisverfahren ein, um die Gewährleistungsfrist zu hemmen. Nach Abschluss des Beweisverfahrens nahm der Auftraggeber den Auftragnehmer wegen der im Beweisverfahren dokumentierten Mängel in Anspruch. Das Gericht erhob ergänzenden Beweis und stellte schließlich fest, dass keine rechtsgeschäftliche Abnahme stattgefunden hat. Der Auftragnehmer erhob daraufhin die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht Erfurt vertrag dazu ebenfalls die Auffassung, die Ansprüche wären verjährt, und entschied, dass die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB spätestens mit Übernahme des Hauses im Juni 2009 begonnen hatte. Der Auftraggeber konnte somit keine Mängelrechte nach § 634 BGB geltend machen, sondern lediglich Erfüllungs- bzw. Schadensersatzansprüche statt der Leistung.

Einschätzung von Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M., Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Dieser Fall verdeutlicht, wie wichtig eine rechtsgeschäftliche Abnahme ist, um Gewährleistungsansprüche geltend machen zu können. Eine rechtsgeschäftliche Abnahme sollte deshalb immer sorgfältig dokumentiert werden, um im Falle von Mängeln Gewährleistungsansprüche geltend machen zu können.

Bauträgervertrag: Anforderungen an eine konkludente Abnahme

Das Landgericht München I hat durch Urteil vom 13.07.2023 (Az. 2 O 1924/22) die Frage zu entscheiden, ob trotz einer unwirksamen Abnahmeklausel im Bauträgervertrag eine konkludente Abnahme vorliegen kann.

Eine Abnahme ist bei einem Bauwerkvertrag grundsätzlich erforderlich, um die Fälligkeit der Vergütung auszulösen, §§ 640, 641 BGB. In dem entschiedenen Fall konkreten Fall hatte der Bauträger in seinen Verträgen vorgesehen, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen vom Bauträger zu benennenden Sachverständigen erfolgen soll. Diese Klausel stufte das Gericht jedoch als unangemessen benachteiligend ein und erklärte die Abnahmeklausel für unwirksam. Zur Begründung verwies es wie folgt auf die folgende ständige Rechtsprechung:

Nach höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung benachteiligt eine Regelung über die Abnahme, wonach – wie vorliegend – das Gemeinschaftseigentum durch einen vom Bauträger zu benennenden Sachverständigen oder durch einen vom Bauträger bestimmbaren Erstverwalter abgenommen wird, die Erwerber entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil den Erwerbern die Möglichkeit genommen wird, über die Ordnungsmäßigkeit der Werkleistung des Bauträgers selbst zu befinden (OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.04.2018, Az.: 8 U 19/14; BGH, Beschluss vom 12.09.2013, Az.: VII ZR 308/12; OLG München, Urteil vom 06.12.2016, Az.: 28 U 2388/16).

Da keine wirksame Abnahmevereinbarung vorlag, hatte das Gericht sodann zu prüfen, ob eine konkludente Abnahme vorliegt. Grundsätzlich kann eine konkludente Abnahme auch ohne ausdrückliches Erklärungsbewusstsein als Abnahme gewertet werden, wenn der Handelnde bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen konnte, dass sein Verhalten als Abnahmeerklärung verstanden werden kann und wenn der andere Teil, vorliegend der Bauträger diese Erklärung auch tatsächlich so verstanden hat.

Dies verneinte das Gericht vorliegend mit der Begründung, dass die Erwerber auf Grundlage der Regelung im Bauträgervertrag davon ausgehen mussten, das eigenständige Recht zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums unwiderruflich an einen vom Verwalter bestimmten Sachverständigen verloren zu haben. Dies deshalb, weil die vorstehend zitierte Rechtsprechung zur Unwirksamkeit dieser Klauseln erst zeitlich später entwickelt wurde. In Bezug auf die gescheiterte Abnahme handelten die Erwerber deshalb auch nicht fahrlässig.

Mit dieser Argumentation der aus der Sphäre des Bauträgers resultierenden gescheiterten Abnahme verneinte das Gericht vorliegend dementsprechend die Entstehung eines Abwicklungs- bzw. Abrechnungsverhältnisses.

Nach Auffassung des Gerichts sollten weitere mögliche Mängelrechte schon deshalb ausgeschlossen sein, weil die Voraussetzungen der Verwirkung vorliegen.

Einschätzung von Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M., Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Die Entscheidung ist insoweit kritisch zu betrachten, als es entscheidend auf die Frage der Verwirkung ankam, die vorliegend auch noch bejaht wurde. Dass diese Bewertung korrekt ist, darf ernsthaft bezweifelt werden. Es dürfte sich hier um einen Kunstgriff des Gerichts gehandelt haben, um nach wie vor bestehende, aus der Schuldrechtsreform resultierende Differenzen zu überwinden. Nach aktueller Rechtslage wäre hingegen die Folgefrage zu beachten, ob Erfüllungsansprüche aus dem Bauträgervertrag innerhalb von 10 Jahren verjähren, § 199 Abs. 4 BGB (OLG Köln, Urteil vom 21.08.2020, Az. 19 U 5/20) oder nicht (OLG Hamm, Urteil vom 30.04.2019 – 24 U 14/18). Außerdem wurde die Frage, dass es vor Abnahme keine Mängelrechte gibt, schon seitens des BGH entschieden. Mit der eher fragwürdigen Annahme der Verwirkung sollte den Erwerbern daher wohl die Möglichkeit genommen werden, die Abnahme noch zu erklären.