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Widerrufsrecht bei Verbraucherbauverträgen

Wie im Beitrag „Werkunternehmer-Benachteiligung bei mangelhaftem Baumaterial abschaffen“ erwähnt, gibt es im Gesetz eine Fallgrube für Werkunternehmer. Und zwar müssen diese ihre Vertragspartner unter bestimmten Voraussetzungen über ein Widerrufsrecht belehren. Tun sie dies nicht, können die Vertragspartner den Werkvertrag auch noch ein Jahr nach Vertragsschluss widerrufen. Das neue Baurecht wird diese Fallgrube nicht nur beibehalten, sondern sogar noch erweitern.

Das Widerrufsrecht bei Werkverträgen: Aktuelle Rechtslage

Unter bestimmten Voraussetzungen hat ein Vertragspartner des Werkunternehmers ein gesetzliches Widerrufsrecht. Und zwar bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucher-Werkverträgen, nämlich wenn:

1) der Vertragspartner ein Verbraucher ist, also nicht im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, und

2) wenn der Vertrag außerhalb der Gewerberäume des Werkunternehmers geschlossen wird.

Das Widerrufsrecht des Verbrauchers beträgt 14 Tage. Über dieses Widerrufsrecht muss der Werkunternehmer seinen Verbraucher-Vertragspartner belehren. Belehren bedeutet: Dem Verbraucher mitteilen, dass dieser ein Widerrufsrecht hat, und ihn über die Frist, den Fristbeginn, die Form, den Adressaten und die Folgen des Widerrufs informieren. Weil diese Belehrung fehleranfällig ist, enthält das Gesetz in der Anlage 3 zu Art. 246b § 2 III EGBGB ein Muster der Widerrufsbelehrung.

Belehrt der Werkunternehmer seinen Vertragspartner nicht oder fehlerhaft, so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Das Widerrufsrecht erlischt dann erst 1 Jahr und 14 Tage nach Vertragsschluss. Der Verbraucher kann also auch nach einem Jahr noch den Werkvertrag widerrufen.

Übt der Verbraucher das Widerrufsrecht aus, so hat er dem Unternehmer für die bereits erbrachten Leistungen Wertersatz zu leisten, wenn die Leistungen ihrer Natur nach nicht rückgewährt werden können.

Das Widerrufsrecht besteht allerdings in zwei wichtigen Fällen nicht:

1) bei dringenden Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, wenn der Verbraucher den Unternehmer bittet, ihn dafür z.B. zu Hause aufzusuchen; und

2) bei Verträgen über den Bau von neuen Gebäuden oder über erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden.

Das neue Verbraucherbaurecht: Die Schutzlücke wird geschlossen

Der Gesetzgeber will dem Verbraucher nun auch für den speziellen Fall des Baus von neuen Gebäuden und erheblicher Umbaumaßnahmen ein Widerrufsrecht gewähren. Solche Verträge fasst er in der geplanten Gesetzesänderung unter „Verbraucherbauverträge“ und regelt sie in einem eigenen Abschnitt.

Für Verbraucherbauverträge soll im Grunde dasselbe gelten wie für „außerhalb der Geschäftsräume geschlossene Verträge“. Der Verbraucher soll ebenfalls ein Widerrufsrecht von 14 Tagen bekommen. Der Werkunternehmer hat ihn darüber zu unterrichten. Tut er dies nicht oder fehlerhaft, so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen und das Widerrufsrecht erlischt erst 1 Jahr und 14 Tage nach Vertragsschluss.

Auch hier hat der Verbraucher im Fall des Widerrufs Wertersatz zu leisten. Dieser bestimmt sich nach der vereinbarten Vergütung, kann aber herabgesetzt werden, wenn die Vergütung unverhältnismäßig hoch ist.

Die Widerrufsbelehrung: Form, Frist und das Musterformular

Die Widerrufsbelehrung ist in Textform zu erteilen. Möglich ist z.B. auch E-Mail. Als Adressat der Widerrufserklärung ist der Werkunternehmer mit seinen vollständigen Kontaktdaten anzugeben. Der Verbraucher kann den Widerruf per Brief, Fax oder E-Mail erklären. Einer Angabe von Gründen bedarf es nicht. Für den Widerruf hat der Verbraucher 14 Tage Zeit; es genügt, wenn er die Widerrufserklärung innerhalb dieser Zeit absendet.

Auch bei Verbraucherbauverträgen ist die Widerrufsbelehrung eine heikle und fehleranfällige Angelegenheit. Die geplante Anlage 10 zum Art. 249 § 3 EGBGB enthält deshalb ein Muster für Widerrufsbelehrungen. Verwendet der Werkunternehmer dieses Muster, so genügt er allen Anforderungen an eine fehlerfreie Belehrung.

Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M. empfiehlt:

Abweichungen von der seitens des Gesetzgebers vorgegebenen Muster-Widerrufsbelehrung haben in der Vergangenheit wiederholt Anlass zur Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher und auch gerichtlicher Hilfe gegeben. Zu empfehlen ist es deshalb den Wortlaut des Gesetzgebers 1:1 zu übernehmen und auf abweichende Formulierungen sowie auch auf redaktionelle Änderungen zu verzichten. Zu diesem Eindeutigkeits-Erfordernis zählt es auch die Belehrung nicht an versteckter Stelle, etwa im Angebot oder den weitergehenden vertraglichen Vereinbarungen zu „verstecken“.  Den Erfordernissen an Bestimmung und Deutlichkeit der Belehrung dürfte auch beim Werkvertrag zukünftig nur genügt werden, wenn die Belehrung deutlich abgesetzt von den sonstigen vertraglichen Vereinbarungen und Vertragstexten erfolgt.

Gesetzesentwurf

  1. 63: Begründung
  2. 23: Musterwiderrufsbelehrung

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/084/1808486.pdf

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge

  • 312 b BGB: Definition
  • 312 II Nr. 3 BGB: Ausnahme 1
  • 312 g II Nr. 11 BGB: Ausnahme 2

Entwurf zu Verbraucherbauverträgen

  • 650h: Verbraucherbauvertrag
  • 650k: Widerrufsrecht
  • 356d: Beginn der Widerrufsfrist, kein Beginn ohne Belehrung
  • 357d: Folgen des Widerrufs, Wertersatz
  • Art. 249 § 3 EGBGB: Informationspflichten bei Verbraucherbauverträgen – Widerrufsbelehrung
  • Anlage 10 zu Art. 249 § 3 EGBGB: Musterwiderrufsbelehrung

Einwurf-Einschreiben als Zustellungsnachweis

Der dokumentierte Zugang eines Einwurf-Einschreibens ist anerkannter Zustellungsnachweis.

 


Nachweis des Zugangs durch Post-Benachrichtigung

Oft genug ist der Nachweis des Zugangs einer Willenserklärung gemäß § 130 BGB fraglich. Im bürgerlichen Gesetzbuch ist anders als im Prozessrecht, § 270 ZPO keine gesetzliche Zustellungsvermutung enthalten. Bestreitet der Empfänger also den Zugang, so ist und bleibt der Erklärende voll beweisbelastet. Kaum praktikabel und zudem teuer ist das Versenden von Einschreiben mit Rückschein, da bei Abwesenheit des Empfängers im Zeitpunkt der Zustellung durch die Post keine Bestätigung des Zugangs erfolgen kann und weil lediglich eine Benachrichtigung über den Zustellungsversuch erfolgt, nicht aber das Schriftstück selbst in den Briefkasten eingelegt wird.

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