Umfang der Hinweispflichten des Vorunternehmers auf Nachfolgearbeiten

Grundsätzlich besteht keine Koordinierungspflicht des Vorunternehmers in Bezug auf nachfolgende Arbeiten. Allerdings muss er auf die Beschaffenheit der eigenen Leistung hinweisen, wenn nicht erkennbar ist, ob seine Arbeiten den anerkannten Regeln der Technik entsprechen und deshalb eine geeignete Grundlage für Nachfolgearbeiten ist.



Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts

Der erste Auftragnehmer hatte ein Wärmedämmverbundsystem an der Fassade des Auftraggebers anzubringen. Am der unteren Seite der Wand bringt sein Nachfolgeunternehmer, der zweite Auftragnehmer, eine Abdichtung nicht richtig an. Deshalb macht der Auftraggeber sein Zurückbehaltungsrecht geltend und behält von dem Werklohn, den er dem erstenAuftragnehmer schuldet, etwa 4.000,00 € ein.

 

Aufklärungspflichtverletzung vs. Architektenverschulden

Das OLG München urteilte am 17.07.2012, Az. 3 U 658/11, dass dem Auftraggeber kein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Für den Mangel war nicht der Auftragnehmer, sondern der planende Architekt verantwortlich. Der erste Unternehmer hätte zwar  darauf hinweisen müssen, dass es nach dem Anbringen des Wärmedämmverbundsystems keine Möglichkeiten mehr gibt, einen regensicheren Anschluss zur Wand hin zu erstellen, allerdings ist der Vorunternehmer nur dann zu einem entsprechenden Hinweis verpflichtet, wenn der Nachunternehmerdie Ungeeignetheit seiner Vorleistung nicht erkennen kann. Infolge der weit überwiegenden Verantwortlichkeit des Architekten trat jedoch die Aufklärungspflichtverletzung vollkommen zurück. Deshalb verneinte das Gericht ein Zurückbehaltungsrecht.

 

Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M. empfiehlt: Die Aufklärungs- und Hinweispflichten des Auftragnehmers bestehen grundsätzlich insoweit, als dies erforderlich ist, damit dieNachfolgearbeiten auf die erbrachte Werkleistung aufbauen können. Weitergehende Hinweise muss der Vorunternehmer allerdings dann erteilen, wenn die Gefahr besteht, dass die von ihm erbrachte Werkleistung ansonsten beeinträchtigt wird. Wurde die Vorleistung fehlerfrei erbracht und fehlt nur der Hinweis für den Nachunternehmer, so handelt es sich nicht um eine mangelhafte Leistung. Da ein Mangel allerdings Voraussetzung für ein Zurückbehaltungsrecht ist, besteht allein infolge des unerlassenen Hinweis kein Zurückbehaltungsrecht.

 

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