Kein neuer Vertrag nach 2 Jahren Baustopp und technischen Änderungen – Kammergericht Berlin, Urteil vom 11.10.2011, Az. 7 U 69/11

Die Entscheidung

Das Kammergericht Berlin, hat am 11.10.2011, Az. 7 U 69/11, entschieden, dass die Frage ob von einem einheitlichen Vertrag auszugehen ist, vorrangig vom Willen der Parteien abhängt. Allein eine Verschiebung des Leistungsbeginns um mehr als zwei Jahre sowie technische Änderungen reichen für die Annahme eines auf Vertragsaufhebung und Neuabschluss gerichteten Parteiwillens nicht aus.

Die Fakten

Im Jahre 2001 beauftragte ein öffentlicher Auftraggeber einen Auftragnehmer mit dem Einbau von Spezialtüren. Vor dem Beginn der Auftragsdurchführung kommt wir der Bau für 2 Jahre unterbrochen. Im Anschluss daran verlangt der Auftraggeber eine komplett neue Ausführung der Türanlagen. Der Auftragnehmer gibt im Jahre 2003 ein Nachtragsangebot mit neuen Leistungen und neuen Preisen ab.

 

Nach Ausführung der geänderten Leistungen zahlt der Auftraggeber auf die Schlussrechnung teilweise nur den alten Preis. Eine Preisvereinbarung kam nur teilweise zustande. Mehr als 2 Jahre später klagt der Auftragnehmer den Differenzbetrag zwischen Auftragspreis aus dem Jahre 2001 und dem Angebotspreis im Jahre 2003 ein. Der Auftraggeber beruft sich auf Verjährung, gestützt auf den Altvertrag. Der Auftragnehmer meint, die Änderungen des Auftrags in technischer und zeitlicher Hinsicht seien so wesentlich, dass im Jahre 2003 ein neuer Vertrag zustande gekommen sei, auf dessen Abschluss für die Berechnung des Verjährungsbeginns abzustellen sei.

 

Die Rechtslage

Die Klage des Auftragnehmers hatte keinen Erfolg. Die Klage wurde wegen Verjährung abgewiesen.

 

Rechtslage bei Vertragsschluss maßgeblich

Grundsätzlich gilt auch bei einer Vertragsänderung, dass auf die Rechtslage des bisherigen Rechts weiter gilt. Wesentliche zeitliche oder sachliche Änderungen können es aber rechtfertigen, auch den geänderten Vertrag als Neuvertrag anzusehen oder einen stillschweigend geäußerten Parteiwillen gerichtet auf Geltung des neuen Rechts anzunehmen.

 

Parteiwille entscheidet

Das KG stellt darauf ab, dass es nicht allein auf den Umfang der zeitlichen oder inhaltlichen Änderung ankommt. Entscheidend sei vielmehr der Parteiwille, der auf Vertragsaufhebung und Neuabschluss gerichtet sein müsse.

 

Nachtrag und Kalkulation aus Ursprungsvertrag

Ein Neuabschluss liege insbesondere dann nicht vor, wenn die Parteien von Nachtrag sprechen und die Preise aus dem Ursprungsvertrag herleiten. Vielmehr sprechen die Umstände dann dafür, dass die Parteien lediglich einen bestehenden Vertrag modifiziert haben.

 

Die Bewertung

Rechtsanwalt Markus Koerentz: Der Fall enthält die Besonderheit, dass alle Positionen des Leistungsverzeichnisses technisch geändert und neu bepreist wurden. Dennoch entspricht die KG Entscheidung der Linie anderer OLGe. Bei länger andauernden Bauvorhaben sind inhaltliche Änderungen und Erweiterungen eher die Regel als die Ausnahme. Auch bei gravierenden Änderungen aus Sicht eines Vertragspartners bedarf es genauer Prüfung, ob es sich um Fortsetzung eines bestehenden Vertrages handelt, oder um einen eigenen neuen Auftrag.

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