S 21 zeigt Parallelen zwischen Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz auf

Bei raumbedeutsamen Infrastrukturprojekten wie z.B. dem Bahnhofumbau in Stuttgart (genannt S 21) stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen adäquater Öffentlichkeitsbeteiligung. Eine Beteiligungsmöglichkeit kann auch das Nachsuchen um einstweiligen Rechtsschutz sein.

 

Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund erforderlich

Zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sind ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund erforderlich. Wesentliche Voraussetzung einer solchen Dringlichkeitsentscheidung ist der VerfügungsgrundEilbedürftigkeit“. Diese fehlt, wenn der Antragsteller mehr als acht Wochen (2 Monate) abwartet, obwohl er positive Kenntnis von der drohenden Rechtsverletzung hatte. Jedenfalls liegt bei einem Abwarten von mehr als 3 Monaten keine Dringlichkeit mehr vor.

Baustopp oder Erhalt des staus quo als Rechtsschutzziel

In dem entschiedenen Fall versuchte der betroffene Architekt zu verhindern dass vollendete Tatsachen geschaffen und der Abbruch des etwas in die Jahre gekommenen Bahnhofsgebäudes in Stuttgart bis zur Entscheidung in der Hauptsache unterbrochen wird. Weil der hier in seinen Urheberrechten potenziell verletzte Architekt länger mit seinem Rechtsschutzersuchen abgewartet hatte, entschied das Gericht gar nicht mehr über den sich aus der Verletzung des Urheberrechts ergebenden Verfügungsanspruch. Es ließ das Nichtvorliegen eines Verfügungsgrundes genügen. Ein solcher Verfügungsgrund ist gegeben, wenn bei einem Zuwarten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren die objektiv begründete Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des geltend gemachten Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (besondere Dringlichkeit).

Fehlende Eilbedürftigkeit beim Abwarten von 3 Monaten

In dem vorliegenden Fall entschied das OLG Stuttgart durch Beschluss vom 11.08.2010, Az. 4 U 106/10, der mit einer Verfahrenseinleitung unangemessen lange abwartende Architekt habe durch sein Verhalten dokumentiert, fehlende Eilbedürftigkeit bestätigt. Das Gericht folgerte aus der subjektiv fehlenden Eile auch die in objektiver Hinsicht fehlende Dringlichkeit und verneinte damit das Vorliegen eines Verfügungsgrundes. In Bezug auf die Zeiträume des Zuwartens gibt es in Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Ansichten. Für beide Meinungen sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheidend. Aus Gründen der Rechtssicherheit besteht nach Ablauf von mehr als 3 Monaten keine Dringlichkeit mehr. Wegen des langen Zuwartens des Architekten fehlte es in dem hier zu entscheidenden Fall an einem Verfügungsgrund der einen Baustopp gerechtfertigt hätte.

Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M. empfiehlt: Durch kein Projekt öffentlicher Infrastruktur wurden die Gemüter in den letzten Jahren mehr erhitzt als die Umgestaltung des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter die Erde. Der diesen Baumaßnahmen zugrunde liegende Planungsprozess kann nur durch eine Vereinfachung der Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgen. Auch hier ist eine möglichst rasche und frühzeitige Bürgerbeteiligung ein Schlüssel zur Akzeptanz und des Gehörs möglicher Einwendungen. Effektive Partizipation setzt aber auch effektive Rechtsschutzmöglichkeiten voraus. Diese verhindern es, dass vorschnell Fakten geschaffen werden. Derartige Rechtsschutzinstrumente werden dafür sorgen, dass Infrastrukturprojekte auch zukünftig unter erheblichen Druck gesetzt werden können.

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