Verjährungseintritt, Begriff des Verhandelns und Einschlafen von Verhandlungen

Der Begriff der Hemmung der Verjährung der Verhandlungen wird in § 203 BGB umschrieben mit dem „Schweben von Verhandlungen zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert“.

Verkürzung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre

Ende letzten Jahres hat eine außerordentliche Klagewelle die deutschen Gerichte erfasst. Beispielsweise gingen in den letzten vier Monaten des vergangenen Jahres allein beim Landgericht Karlsruhe 370 Klagen gegen die Badenia Bausparkasse ein. Davon allein 224 Klagen in den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr. Grund dieses „Klage-Tsunamis“ war der Ablauf der Verjährungsfrist von 10 Jahren seit der Einführung des neuen Schuldrechts zum 01.01.2002. Mit dieser Schuldrechtsreform wurde die nach altem Recht geltende Verjährungsfrist von 30 Jahren auf einheitlich 10 Jahre festgesetzt. Maßgeblich ging es in den Verfahren gegen die Badenia Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit diversen finanzierten Eigentumswohnungen. Für diejenigen potenziellen Klägerinnen und Kläger wird sich nunmehr die Frage stellen, ob ihre Ansprüche auch über den 31.12.2011 hinausgehend „gerettet“ also unverjährt erhalten geblieben sein könnten. Voraussetzung wäre eine die Verjährung hemmende Verhandlung gemäß § 203 BGB.

 

Beiderseitige Reaktion ist erforderlich

Grundsätzlich schweben Verhandlungen schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein, so der BGH in seiner Entscheidung vom 08.12.2011, Az. V ZR 110/11. Dementsprechend ist weder eine Vergleichsbereitschaft noch ein Signal des Entgegenkommens, bzw. eine Erfolgsaussicht von derartigen Bemühungen erforderlich.

 

Nachweisbare Gespräche und Telefonate

In dem der genannten Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um ein für etwa 55.000,00 € verkauftes Grundstück. Der Käufer trat vom Vertrag zurück. In der Folgezeit wurden zwischen den Vertragsparteien geführt, um den ursprünglichen Regelungscharakter des Kaufvertrages fortbestehen zu lassen. Zu diesem Zwecke fanden persönliche Gespräche zwischen den Parteien sowie Telefonate statt. Knapp 3 Jahre später beruft sich der Käufer auf den Rücktritt und verklagte den Verkäufer auf Rückzahlung des Kaufpreises. Diese erhob die Einrede der Verjährung und beruft sich auf Verhandlungen, die die Verjährung gehemmt haben sollen. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen von Verhandlungen mit der Begründung das reine Bemühen um Gespräche ohne konkrete Angebote genüge für das Vorliegen von Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB nicht.

 

Weite Auslegung des Begriffs „Verhandlungen“

Dies sieht der BGH anders und begründet seine Auffassung damit, die Parteien hätten verjährungshemmende Maßnahmen im Sinne des § 203 BGB geführt. Der Begriff Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB sei nach der Rechtsprechung des BGH weit auszulegen. Deshalb werde schon dann „verhandelt“, wenn einseitige Erklärungen abgegeben werden, die es der Gegenseite gestatten davon auszugehen, es bestehe die entfernte Aussicht einer etwaigen Einigung, oder zumindest Gesprächsbereitschaft in Bezug auf Art und Umfang des Anspruchs. Nach der Entscheidung des BGH genügt es demnach wenn die Parteien überhaupt Gespräche führen. Erfolgsaussichten, oder zumindest teilweise in Bezug auf einen Vergleich zielführende zumindest teilweise Annäherungen sind demnach nicht erforderlich

 

Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M.: Gerade vor dem Hintergrund des Ablaufs der 10 jährigen Verjährungsfrist wird die Verjährungshemmung durch Verhandlungen erhebliche Bedeutung behalten. Für ein solches Verhandeln müssen jedoch zumindest die Mindestvoraussetzungen erfüllt sein. Deshalb bedarf es eines beiderseitigen Verhaltens der Vertragspartner. Ein solches liegt nicht allein in der Übersendung eines Schreibens durch das zum Ausdruck gebracht wird Verhandlungen führen zu wollen, bzw. sich auf einen bestimmten Anspruch berufen zu wollen. Vielmehr muss auch der Adressat eines solchen „Anspruchsschreibens“ seine Bereitschaft signalisieren, solche Verhandlungen führen zu wollen. Infolge einer solchen Reaktion darf der Initiator solcher Verhandlungen nämlich regelmäßig davon ausgehen, seine Ansprüche nicht abschließend zu verlieren. Baurechtlich hat diese Rechtsprechung insbesondere bei Honoraransprüchen von Architekten und Unternehmern, sowie in Bezug auf die Mängelrechte Bedeutung. Auch nachdem eine solche „Gesprächsbereitschaf“ signalisiert wurde ist die Verjährung aber nicht dauerhaft gehemmt. Vielmehr können anfängliche Verhandlungen auch dadurch „einschlafen“ indem keine weitere Reaktion mehr erfolgt, obwohl der nächste Verhandlungsschritt zu erwarten gewesen wäre. Nach spätestens 3 Monaten nimmt die Verjährungsfrist dann ihren weiteren Lauf.

 

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